Donna
Eine glückliche Wende!
Brief von Donna an das Tierheim
Hallo, Ihr Lieben!
Erinnert Ihr Euch noch an mich? – Vor knapp fünf Wochen – genauer gesagt Silvester 2004 – habt Ihr mich vermittelt an meinen neuen Menschen Cornelia Siewert. Seitdem ist soooviel passiert, daß ich Euch unbedingt davon erzählen muß:
In der ersten Januarwoche hat mein neues Frauchen sich extra für mich freigenommen und mußte nicht arbeiten. Sie hat gemeint, dass ich erst einmal ANKOMMEN müsse und lernen müsse, HUND ZU SEIN. Gescheit an der Leine zu gehen, regelmäßig raus zu kommen, große und kleine Geschäfte draußen zu erledigen usw. Am Anfang habe ich überhaupt nichts verstanden; ich war nur glücklich, draußen zu sein, wollte rennen, schnüffeln, jagen und toben. Ich glaube, Frauchen war körperlich nach den ersten Tagen ganz schön k. o. (und ich auch). – Bei Euch im Tierheim war alles viel einfacher…
Jeden Tag waren wir viele Stunden unterwegs.
Ich habe gelernt, daß es viel entspannter ist, nicht so zu ziehen; kann mittlerweile schön vorwärts gehen und muß nicht immer im Zickzack laufen wie früher. Dann hat Frauchen eine Schleppleine gekauft, und das war super. Ich habe gelernt, auf Zurufen zurückzukommen, bei Fuß zu sitzen, angstfrei über jede Brücke zu gehen (auch wenn man durch die Ritzen das Wasser darunter oder die stark befahrene Bundesstraße sehen kann) und gehe jede Treppe beliebig oft hinauf und hinunter. Ihr könnt Euch gar nicht vorstellen, wieviel Spaß das macht! Wendeltreppen, Treppen, durch die man hindurchsehen kann, Treppen im Wald, in der Wohnung, Kellertreppen… Frauchen ist immer völlig sprachlos, wenn ich ihr zeige, wie gut ich das kann. Manchmal mache ich mir einen Spaß daraus und laufe ein paar Mal rauf und wieder runter – einfach so. Sie steht dann immer da und lacht. Ich glaube, sie freut sich, daß ich das so gerne mache.
Inzwischen habe ich auch keine Angst mehr vor fremden Menschen.
Menschen, die laut sprechen, lachen, Menschengruppen; Jogger, Radfahrer, Nordic Walker; Kinder, die Fußball spielen, kleine Kinder, Kinderwagen – Menschen, die mich streicheln mögen, dunkel gekleidete Männer mit Hut, Schirm oder Stock. Mein Mensch hat mir gezeigt, daß sie alle nicht bedrohlich sind, und ich kann jetzt völlig entspannt auf sie zugehen oder an ihnen vorbeilaufen.
Frauchen und ich haben in den ersten Tagen immer Rast gemacht in Cafés. Das sind merkwürdige Häuser – man sieht einfach nichts als Beine. Tischbeine, Stuhlbeine, dazwischen Menschenbeine. Ich war für diese Pause sehr dankbar. Lernen ist schließlich ganz schön anstrengend!!! Ich habe mich dann unter den Tisch gelegt und ein Nickerchen gemacht. Frauchen ist zwischendurch mal kurz verschwunden – ich glaube, sie war auch Gassi. Das hat mich aber nicht interessiert, weil ich so müde war. Und irgendwann war sie ja auch wieder da.
Am fünften Tag ist ihr etwas Merkwürdiges passiert:
Eine Frau im Café sprach sie auf mich an und meinte, ich sei ja so furchtbar gut erzogen (smile) – in welche Hundeschule sie denn wohl mit mir ginge. Frauchen sagte dann, sie erziehe mich selber, und außerdem habe sie mich heute erst fünf Tage. Die Dame blickte dann kurz auf Frauchens Rucksack und die Schleppleine; und als sie meinen Lebenslauf geschildert bekam, war sie sprachlos. Ich glaube, sie hat nicht fassen können, daß Hund und Mensch so ein gutes Team sein können…
Okay, noch was: mein Mensch hat gesagt, ich soll Euch das nie erzählen, doch ich sage das jetzt ganz im Vertrauen: Weil ich so gut gelernt habe in der ersten Woche und mein Frauchen ziemliches Vertrauen in mich gesetzt hat, hat sie beschlossen, mich am 8. Tag mal ohne Leine laufen zu lassen. Ich glaube, ganz wohl war ihr dabei nicht. – Ich kann Euch sagen: für mich war das ein unbeschreibliches Gefühl!
Ich durfte selber bestimmen, wohin ich gehen wollte!
Ich durfte rennen, stehen bleiben, schnuppern, mit anderen Hunden Kontakt aufnehmen wann immer ich wollte. Ich war frei, es war unglaublich! Seit dem Tag darf ich immer ohne Leine laufen (natürlich da, wo keine Autos fahren), und das macht irre viel Spaß!
Besonders am Wochenende bin ich mit meinem Menschen immer viele viele Stunden unterwegs. Da treffen wir eine ganze Reihe meiner Artgenossen, mit denen ich über die Wiesen toben kann. Schüchtern bin ich mittlerweile gar nicht mehr – ich kann jetzt ganz locker die Vierbeiner zum Spielen auffordern, wenn sie sich nicht trauen. Da geht´s immer mächtig zur Sache, und oft bin ich hinterher totmüde. – Manche dürfen auch nicht von der Leine – deren Menschen erzählen dann immer, sie würden nicht zurückkommen. Wenn ich solche Menschen hätte, würde ich mir das auch überlegen… Uns Hunde scheint nicht jeder Mensch zu verstehen.
Viele Zweibeiner sind immer ganz beeindruckt, wenn mich mein Mensch nach langem Toben zu sich ruft. Ich gebe zu, daß ich manchmal Angst habe, daß er mir wegläuft, deshalb passe ich da ganz schön auf. Ja, und wenn wir dann nach Hause müssen und Frauchen ruft oder pfeift, lasse ich alles stehen und liegen und fliege zu meinem Frauchen. Wer das sieht und mich nicht kennt, staunt da nicht schlecht. „Die ist ja erzogen!“ sagen dann die fremden Leute, „hast Du das gesehen? Das gibt´s ja nicht!“ Tja, Hundeschule bei meinem Menschen… Die Leute, die wir regelmäßig treffen und die mich von meinen ersten Tagen in meiner Familie kennen, sind am meisten beeindruckt. Knapp fünf Wochen sind jetzt vergangen, und ich habe so tolle Sachen gelernt. Und je mehr ich lerne, desto mehr Spaß macht es, Hund zu sein! Die größte Belohnung ist dann jedes Mal ein fettes Lob – Leckerlies finde ich nämlich langweilig.
Einmal waren Frauchen und ich bei einer Frau, die Tierkommunikation macht (Andrea Frankrone, www.tierfluesterer.de). Mit der konnte ich mich unterhalten, das war vielleicht spannend.
Der habe ich dann von meinem Leben erzählt, und die hat das übersetzt:
Auf dem Bauernhof, wo Dr. Lang mich gerettet hat, bin ich nicht geboren. Wo ich geboren bin, kann ich jedoch nicht sagen, da war ich noch zu klein. Als Welpe kam ich in eine junge Familie mit zwei kleinen Kindern. Da habe ich mich ziemlich wohl gefühlt, aber die hatten kaum Zeit für mich. Ich habe mich dann selbst beschäftigt, doch das stieß auf wenig Gegenliebe. So haben sie viel geschimpft und mich mit 7-9 Monaten zu diesem Bauern geben. Sie haben wohl nicht gewußt, was mir da angetan werden würde.
Schweinestall, Kette, Bretterverschlag – meine Übersetzerin nannte es „Verließ“.
Ich lag in meinen eigenen Exkrementen – konnte ja nicht anders. Meine Haut war oft unglaublich entzündet, ich hatte Parasiten, hochgradigen Juckreiz und wußte vor Schmerzen nicht wohin.
Meinen Bauern hat das nicht interessiert. Wenn ich Babies hatte, warf er mir eine Handvoll Stroh in die Box. Das hat so eklig gestunken, war schimmelig und auch voller kleiner Tiere. Ich hatte so eine Not!!! Zu fressen bekam ich Abfälle – davon konnte ich meine Kinder kaum ernähren. Ich hatte mindestens dreimal Babies, habe ich der Frau erzählt.
Schlimm war, daß ich immer auf mein Lager machen musste.
Jeden Tag hoffte ich, raus zu kommen, doch jahrelang geschah nichts.
Meine Blase ist chronisch entzündet, die Blasenwand völlig verdickt, die Blasenmuskulatur total ausgeleiert. Nierenentzündungen hatte ich auch. Die Schmerzen, die ich in den letzten Jahren aushalten mußte, waren die Hölle, das kann ich Euch sagen. Ganz oft hatte ich Durst, ich bekam nicht immer Wasser; stellt Euch das mal vor! Und die Langeweile… – es geschah ja nichts in meinem Leben.
Frauchen hat einmal mit dem Amtstierarzt Dr. Lang telefoniert. Er hat gesagt, es habe ihm fast das Herz gebrochen, als er mich da mit meinen Babies gefunden hatte.
Bei Euch im Tierheim war ich in Sicherheit, da habe ich mich wirklich richtig wohl gefühlt! Und alle waren da sooooooo lieb zu mir! Für diese tolle Zeit möchte ich mich an dieser Stelle noch mal ganz herzlich bedanken.
Mein neues Leben gefällt mir unglaublich gut!
Und mein Mensch ist so furchtbar stolz auf mich. Frauchen hat mal gesagt, daß ich noch lange nicht soweit wäre, wenn ich keine Bach-Blüten und homöopathische Mittel bekommen hätte. Dazu kann ich nichts sagen, weil ich nicht weiß, was sie damit meint. Aber wenn mein Mensch sagt, ich sei Ausdruck purer Lebensfreude, muß das wohl ´was Gutes sein. Manchmal steht sie da, schaut mir zu und weint, weil sie kaum fassen kann, daß ich sooo glücklich bin. Sie hat schon überlegt, ob Ihr Lust habt, mal mit uns einen langen Spaziergang zu machen, damit ich Euch zeigen kann, was ich schon alles so drauf habe. Also: wenn Ihr möchtet, ruft einfach an und sagt Bescheid.
Und zu guter Letzt: das Ding mit meiner Blase habe ich noch nicht so ganz im Griff. Mein Doc hat nach dem Ultraschall gesagt, daß das vermutlich noch viele Wochen dauern wird, bis sich das geschädigte Gewebe von den massiven Entzündungen erholt hat. Was „stubenrein“ heißt, hatte ich ja ganz schnell raus, das klappt nachts hervorragend (übrigens von der ersten Nacht an…). Aber wenn ich mich riesig freue, z. B. wenn mein Mensch kommt oder wenn ich wild spiele, dann passiert mir ab und zu noch ein kleines Mißgeschick. Mein Mensch ist sich jedoch sicher, daß ich auch das hinkriege – bei dem, was ich schon alles geschafft habe in dieser kurzen Zeit.
Daß das Leben als Hund sooo viel Spaß machen kann, hätte ich mir nie träumen lassen.
So, nun muß ich aber mal Schluß machen. Wir wollen nämlich gleich noch in den Stadtpark. Da treffen wir bestimmt wieder viele Artgenossen, mit denen ich toben kann. Gelegentlich werde ich mal wieder von mir hören lassen; für heute war´s das erst einmal.
Es grüßt Euch ganz herzlich Eure Donna (ehem. Mandy), und ganz ganz liebe Grüße an das gesamte Tierheim-Team! Hoffentlich werden meine alten Freunde auch ganz schnell in gute Hände vermittelt und haben genauso viel Glück wie ich es hatte.
Alles Liebe und bis bald!!!